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Archiv - AssoziationEn//Agora: Geschlecht, Subjektivität, Gesellschaft

Bereits vor der Vereinsgründung assoziierten sich einige der jetzigen Mitglieder von Assoziation:E in Form von Agora München. Dabei handelte es sich um ein offenes Dialogformat, bei dem auf Basis verschiedener wissenschaftlich fundierter Beiträge die Unerträglichkeit der herrschenden Verhältnisse reflektiert und diskutiert wurde - der Vorläufer von Assoziation:E:n. Mit einer entsprechenden Archiv-Reihe möchten wir einige der in den Jahren 2018 - 2020 besprochenen Themen wieder zugänglich machen und präsent halten. Wir danken den Autor*innen für ihr Einverständnis, die Texte als Kollektiveigentum weiterzuverwenden.



Inwiefern ist das, was wir als unsere geschlechtsspezifische Identität und Perspektive erfahren, Ausdruck von Gesellschaft? Und was können wir lernen, wenn wir unsere Intuition hinterfragen - über uns, über Gesellschaft, über Sexismus und sexuelle Gewalt?


Problemhorizont

Wie kommen Geschlechterrollen zustande? Was bringen sie? Was hält sie aufrecht? Was ist männlich/weiblich? Wann nehmen wir Geschlecht wahr? Was ist attraktiv?


Genealogie von Geschlechtsverständnissen

& des Naturalisierungsdiskurses

Der Gender-Diskurs angesichts patriachaler Produktionsverhältnisse (Verortung der Diskurse in Gesellschaftlicher Wirklichkeit)

Alle sozialen Verhältnisse sind gewordene Verhältnisse, sie waren einmal anders, sind jetzt aus ganz bestimmten Gründen so, wie sie sind. Und können sich auch wieder verändern. Wenn wir uns mit Geschlecht als sozialer Kategorie auseinandersetzen - also nicht damit, welche unterschiedlichen Krankheiten beispielsweise im Zusammenhang mit dem Penis oder der Vagina auftreten können, was eine biologisch-medizinische Fragestellung wäre, sondern damit, wie Gesellschaft damit umgeht, was als männlich bzw. weiblich oder gerade auch nicht verstanden wird - dann können wir uns auch hier die Gewordenheit ansehen, die Gewordenheit der Geschlechterrollen und -kategorien.

Zur Entwicklung dessen, was als Männlich bzw. Weiblich bzw. Divers verstanden wird, werden regelmäßig ganze Bücherregale in gesellschafts- und geisteswissenschaftlichen Fachbuchabteilungen geschrieben. Wie sich die Normalität dessen, was als Geschlecht verstanden wird, verändert hat, ist in vielerlei Hinsicht kurios: Man denke an die Perücken, Kleider, Schminke, Schmuck und Parfum als Teil eines Männlichkeitsideals der Adeligen des 18. Jahrhunderts. Oder an den Wandel des Reitsports von einer ritterlich-männlichen Domäne zu einem vor allem bei jungen Frauen beliebten Freizeitsport. Oder die vielen anderen Beispiele von Dinge, die früher weiblich waren und heute männlich sind.


Besonders deutlich wird bei der Auseinandersetzung mit der keinesfalls zufälligen Entwicklung der Diskurse und Narrative über das Männliche, Weibliche, Diverse, dass es sich hierbei fast immer und in fast jeder Hinsicht um eine konfliktreiche Aushandlung von Rollenbildern handelte, die nicht zu Unrecht als Geschichte der patriarchalen Unterdrückung oder andersrum als die des Kampfes für die Emanzipation des “anderen Geschlechts” aufgefasst werden kann. Erinnert sei an dieser Stelle an das vollständige Wahlrecht für Frauen, das sich erst schleppend im 20. Jahrhundert vollständig durchsetzte, und das umso später eingeführt wurde, je früher es ein uneingeschränktes Wahlrecht für Männer in den entsprechenden Staaten gab. Oder an Vergewaltigungen in der Ehe, die in Deutschland beispielsweise erst 1997 (!) strafbar wurden. In Russland wurde 2017 häusliche Gewalt und Körperverletzung in der Ehe quasi wieder straffrei.


Wir befinden uns also inmitten einer hoch politischen Auseinandersetzung, deren Kern man mit der Autorin Koschka Linkerhand folgendermaßen fassen könnte: “Den Frauen, die die Hälfte der Menschheit bilden, hat noch nie die Hälfte der Welt gehört [...]. Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, und Patriarchat bezeichnet die Herrschaft von Männern über Frauen.” Linkerhand geht auch auf das Paradoxon ein, dass “Männern heute keine formale Vorherrschaft mehr zusteht, sie aber dennoch die beherrschenden Positionen in der Gesellschaft bekleiden”. Dies lässt sich dadurch nachvollziehen, dass unsere westlich-moderne, bürgerliche, kapitalistische Gesellschaft eine Gesellschaft ist, die von Anfang an vom Bürger geprägt ist, vom Bürger der tauscht, der wählt, der Gesetze beschließt - und der zunächst ein Mann war und ist.


Besonders interessant ist die Rolle der Natur. Natur stand dem Menschen die meiste Zeit seiner Existenz als das bedrohliche Andere gegenüber: Der Kontext, in dem überlebt werden musste; das, was Mythos, Menschenopfer und große Furcht über Jahrhunderte hinweg zur Folge hatte. Als im Zuge der Industrialisierung Natur mehr und mehr ihre Schrecken verlor und zu etwas Beherrschtem wurde, änderte sich der Blick: Natur konnte als romantische Projektionsfläche verwendet werden. Und als Referenz, wenn Unveränderlichkeit proklamiert werden soll in einer Welt, in der tendenziell alles vom Menschen veränderbar wird - wenn das “das ist so, weil es immer schon war - weil es natürlich ist” relevant wird.


In wenigen Diskursen wurde, war und ist das natürliche so relevant wie in denen über Geschlecht. Die Frau, die reproduziert: Kinder bekommt, deswegen zu Hause bleibt, deswegen den Haushalt macht, deswegen politisch nicht zu partizipieren hat. Das aufstrebende männliche Bürgertum suchte sich vom “verweichlichten”, “weibischen” Adel ästhetisch abzugrenzen, die Frau ihres Platzes zu verweisen und Änderungen dieser Einrichtung von Gesellschaft mit dem Verweis auf die Natur zu unterbinden. Das die bürgerliche Gesellschaft gleichzeitig die Gesellschaft war und ist, die Natur in nie dagewesenen Maße irrelevant machte - man denke an die technologischen Errungenschaften des kapitalistisch-industriellen Zeitalters - ist einer der vielen Widersprüche des Diskurses rund um Geschlecht.


Letztlich lässt sich hier die Geschichte von männlichen Subjekten nachvollziehen, die ihre auf Konkurrenz, Gewalt, Zwang und Degradierung des nicht-weiblichen beruhende Herrschaft an allen Ecken und Enden verteidigen müssen. Ein Bedürfnis, das sich auf der subjektiven Ebene am besten nachvollziehen lässt, anhand der Ich-Perspektive des männlichen Subjekts, das die Krisenhaftigkeit seiner Selbstverfassung in vielerlei Hinsicht zu spüren bekommt. Eine elementare Komponente des naturalisierenden Diskurses rund um Sexualität ist nämlich auch das kategorische Ausschließen alles dessen, was nicht männlich oder weiblich sein will - das Verharren auf dieser Binarität.


Das Eigentliche des Geschlechts im Binären

Im Rahmen der versuchten Naturalisierung von ZWEI Geschlechtern werden auch in Deutschland immer noch an Kindern, die intergeschlechtlich geboren werden, also mit nicht eindeutig männlichen oder weiblichen primären Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen, möglichst früh „Geschlechtsangleichende Maßnahmen“ durchgeführt. Was als Kombination aus Elternwunsch, ein „normales“ Kind zu haben und gutem ärztlichen Rat beginnt, führt bei den Betroffenen oft zu lebenslangen körperlichen wie seelischen Traumatisierungen. Gleichzeitig wird für viele Transsexuelle Menschen das Gefühl, “im falschen Körper geboren zu sein”, pathologisiert…


Gesellschaftliche Debatte - Geschlecht als strukturelles Problem

Ausgehend von Genealogie/Kontext der Patriachalen Gesellschaft: Wie wird Diskriminierung hinsichtlich Geschlecht und sexueller Orientierung thematisiert? Wie schauen die Diskurse aus? Wo entdecken wir das Problem in uns?

Während Sexismus über lange Jahre in der Öffentlichkeit vor allem im Rahmen von konkreten Maßnahmen besprochen wurde, mit welchen Quoten man beispielsweise den Anteil von nicht männlichen Personen in Spitzenpositionen erhöhen könne, wird nun unter Hashtags wie #aufschrei oder #metoo verstärkt über persönliche Erfahrungen mit Sexismus und sexualisierter Gewalt gesprochen. Die Debatte rückt also aus der sicheren Distanz der Expert*innendiskurse ins Herz der Gesellschaft: Zu uns.

Auch wir müssen uns Fragen stellen: Wie sehr prägt uns unsere Geschlechtsidentität, wie und wann sehen wir unser Geschlecht? Nehmen wir uns selbst als Teil einer sexistischen Gesellschaft wahr? Behandeln wir Menschen unterschiedlicher Geschlechter auch unterschiedlich? Wieso tun wir das?

Gesellschafliche Debatte und Subjektivität - Das Problem in uns?

Problem: Zwang zum Binären

Problem: Das zweite Geschlecht

Problem: Krisenhafte Männlichkeit


Warum sind wir nicht alle Feminist*innen?



Quellen



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